Im Jahr 2007 feierte die Alperbrücker Schützengilde ihr 70-jähriges Bestehen – ein Jubiläum, das Anlass gab, auf eine bewegte und traditionsreiche Geschichte zurückzublicken. Von den Anfängen im ehemaligen Steinbruch bis hin zu sportlichen Erfolgen auf Landesebene spiegelt die Geschichte des Vereins gelebtes Brauchtum, Gemeinschaft und sportliche Leidenschaft wider.
Aus alter Wurzel – neue Kraft
Die Alperbrücker Schützengilde wurde 70
Die Ursprünge des deutschen Schützenwesens reichen mindestens bis ins neunte Jahrhundert zurück. In jener Zeit schützten Kriegsmannschaften die Heimat und standen König und Kaiser zur Verfügung. Damals wurde, je nach Region, noch mit Bogen und Armbrust auf Vögel geschossen – ein Brauch, der sich so oder ähnlich bis heute gehalten hat, auch wenn die Schützenvögel heutzutage keine echten Tiere mehr sind und Kleinkaliberbüchsen Pfeil und Bogen längst ersetzt haben.

Im Jahre 1937 entstand im ehemaligen Grauwacke-Steinbruch der erste Schützenverein im Wiehler Raum. Einfache Arbeiter, Kaufleute, Steinhauer und Handwerker legten damals den Grundstein für einen der heute sportlich erfolgreichsten Schützenvereine im Oberbergischen. In den frühen Jahren der „Obersten Sohle“ bestand der Schützenvogel noch aus einer Baumwurzel – von einem Tischler aus Altklef kunstvoll hergerichtet. „Aus alter Wurzel – neue Kraft“ lautet passend noch heute die Fahneninschrift. Ging es den Gründern zunächst um Festlichkeiten und Brauchtum, rückte bald das schießsportliche Interesse mehr und mehr in den Vordergrund. Längst marschieren keine Prozessionen mehr von Alperbrück aus zum Schützenfest auf die „Alm“, wie es noch vor 30 Jahren üblich war. Auch wenn in Alperbrück noch immer Schützenbrauchtum gepflegt wird, hat die sportliche Komponente den größeren Stellenwert eingenommen.
Mittlerweile endet sogar das traditionelle Schützenfest bereits am Sonntagnachmittag – in früheren Jahren freilich undenkbar: Die legendäre Alperbrücker Erbsensuppe lockte noch in den siebziger Jahren am Montagnachmittag zahlreiche Gäste aus Wiehl und Umgebung auf die „Oberste Sohle“, wie sich noch einige Wiehler erinnern.

Auf dem Schießstand im ehemaligen Steinbruchgelände sind derzeit drei 25-m-Stände für Kurzwaffen, drei 50-m-Seilzuganlagen für KK- beziehungsweise Vorderladergewehre und bis zu sieben Anlagen für Luftdruckdisziplinen im Betrieb. Sportlich gehört man dem Rheinischen Schützenbund an und misst sich Jahr für Jahr mit den besten Rheinländern, die es im Sportschießen gibt – oft mit Erfolg. Hans Drews, Reinhold Weier, Klaus Giering oder Martin Wick – Namen, die für immer untrennbar mit zahllosen Alperbrücker Kreis-, Bezirks-, Landesoberliga- und Nordrhein-Westfalen-Meistertiteln verbunden sind. Vize- und Landesmeistertitel gehören ebenso zur sportlichen Ausbeute wie die turnusmäßige Teilnahme an den Deutschen Meisterschaften, wofür auch im letzten Jahr wieder eifrig trainiert wurde.
Ein Höchstmaß an Konzentration, exakte Beobachtung des eigenen Körpers, die ständige Kontrolle der Visierung, des Atems und des eigenen Nervenkostüms machen den Schießsport zu einer gleichermaßen faszinierenden wie anstrengenden Angelegenheit. Gelegentlich ein trockener Knall, ständiger Kampf gegen Schwankungen – das Schwarze ist mal mehr, mal weniger im Visier – festzuhalten ist es nie so recht.
Sicher zielen, den Druckpunkt am Abzug spüren – ruhig abziehen: Faszination zwischen Anspannung und Entspannung, im Wettkampf erst recht.
Auf dem Schießstand der „Obersten Sohle“ ist das ganze Jahr über Betrieb. So stehen den Aktiven mindestens drei Trainingstage (montags und donnerstags von 18:00 bis 20:00 Uhr sowie samstags von 13:00 bis 15:00 Uhr) zur Verfügung. Besondere Veranstaltungen wie das öffentliche Eierschießen eine Woche vor Ostern, das eigene Schützenfest im zumeist sonnigen August oder die Stadtmeisterschaften der Stadt Wiehl im Sportschießen sind bei vielen Gästen beliebt.

Interessenten am sportlichen Schießen oder an Brauchtumspflege und Geselligkeit sind herzlich willkommen, denn auf der „Obersten Sohle“ ist jeder Trainingstag ein „Tag der offenen Tür“.
Von Thomas Rodenkirchen
